Energiemarkt Schweiz: Was kann die Liberalisierung bringen?
Die Liberalisierung des Energiemarktes ist in der Schweiz ein umstrittenes Thema. Mittlerweile, nachdem auch Italien 2019 die Preisbindungen abschafft hat, gibt es in allen Nachbarländern einen liberalisieren Energiemarkt.
Auf der einen Seite führt eine echte Liberalisierung zu mehr Wettbewerb und sinkenden Preisen. In dessen Folge verschlanken sich Prozesse bei den Anbietern und die Kosten der Anbieter sinken. Dieser Effekt ist ein grundlegender ökonomischer Prozess.
Aktuell starke Unterschiede der Energiepreise in der Schweiz
Heute, so zeigt die Studie Stromanbieter Schweiz 2019 des SIQT – Schweizer Instituts für Qualitätstests, gibt es Preisunterschiede von bis zu 200% zwischen den Anbietern. Derartige Preisunterschiede lassen sich aus Verbrauchersicht nicht gut erklären. Grundlage dürfte vermutlich eine relativ hohe Kostenstruktur im Vergleich zur verkauften Strommenge sein.
Auf der anderen Seite bestehen nachvollziehbare Bedenken, dass sich preiswertere Stromquellen durchsetzen – zu denen in der Regel nicht die erneuerbaren Energien gehören. Strom aus Wasserkraft, Solarstrom, Windstrom etc. könnten gefährdet sein. Ohne Subventionen und gewisse Regulierungen geht es also auch nicht, will man die Klimaziele nicht verfehlen. So wird u.a. diskutiert, in der Grundversorgung einen Mix mit erneuerbaren Energien vorzuschreiben.
Daneben gibt es auch Bedenken, dass die Versorgungssicherheit und die Betreuungsqualität in einem liberalisierten Markt leiden könne. Versorgungssicherheit ist dabei kein echtes Thema. Denn auch in einem liberalisierten Markt wird der Strom zumindest kurzfristig unabhängig vom Verbraucher produziert und Reservekapazitäten stellen ausreichend Energie zur Verfügung. In keinem liberalisierten Markt gab es Verbraucher, die plötzlich keinen Strom oder kein Gas mehr hatten.
SIQT-Studie beleuchtet Servicequalität der Schweizer Stromversorger
Das Thema „Betreuungsqualität“ ist als Argument zunächst schwer einzuschätzen. In liberalisierten Märkten müssen Anbieter deutlich komplexere Prozesse bewältigen als in einem Monopol: Preiswettbewerb, Akquise und Betreuung potentieller Neukunden, Anmeldeprozesse & Anbieterwechsel, Kündigungen, intensivere Kommunikation mit Bestandskunden sind Themen, die es heute im Privatkundenbereich der Stromversorger nicht gibt. Wenn das Netz vom Handel getrennt wird, kommt auch die Kommunikation mit dem Netzbetreiber hinzu.
Es erscheint klar, dass eine Liberalisierung mindestens kurzfristig das Betreuungsniveau gegenüber den Kunden sinken lassen wird. Auf der anderen Seite steht aber die Frage, ob monopolisierte Anbieter überhaupt das Ziel einer hohen Kundenzufriedenheit verfolgen, da sie davon keine ökonomischen Vorteile haben. Und in einem Monopol ist der Kontakt mit dem Versorger ohnehin nahezu unnötig – eben weil es keine Wahl gibt.
In unserer umfassenden Untersuchung zur Betreuungsqualität der Schweizer Energieversorger – der Studie Stromversorger 2019 – konnte zum aktuellen Stand ein leichter Zusammenhang zwischen höheren Preisen und besseren Service festgestellt werden. Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse aber auch, dass dieser „Kompromiss“ zwischen gutem Service und guten Energiepreisen nicht existieren muss bzw. keiner ist. Auch Versorger mit besonders guten Preisen können hervorragenden Service bringen.